Stell dir mal vor, es ist Gemeindevertretersitzung und die Hälfte der Vertreter bleibt einfach weg. So geschehen bei der Sitzung der Gemeindevertreter Greifenstein am 29. September 2015, die im Ortsteil Odersberg stattfand.
Nur knapp entging das Greifensteiner Parlament einem Eklat, das wegen mangelnder Teilnahme beinahe nicht beschlussfähig gewesen wäre. Mit zwei Stimmen mehr als mindestens Volksvertreter anwesend sein müssen, konnte der Vorsitzende die Sitzung doch noch eröffnen. Peinlich vor allem auch, weil seit dem Märkte-Desaster, das die Mehrheit der Gemeindevertretung zu verantworten hatte, nun bei jeder Sitzung zahlreiche Besucher verfolgen, was in den Sitzungen besprochen wird und auch wie sich die gewählten Vertreter verhalten.
Es standen (unter anderem) folgende wichtige Themen auf der Tagesordnung:
TOP 2 – Schiedsamtsbezirke Greifenstein I und II; hier: Wahl der Schiedspersonen für die Wahlzeit 2015 bis 2020
TOP 3 – Neuwahl von Mitgliedern der Ortsgerichte; hier: Wahl eines Ortsgerichtsschöffen für das Ortsgericht Greifenstein
TOP 6 – Zusammenarbeit in der Wasserversorgung der Gemeinden Sinn, Driedorf, Breitscheid und Greifenstein
TOP 7 Vorlage des Entwurfs der Haushaltssatzung mit Haushaltsplan und Stellenplan für das Haushaltsjahr 2016 sowie des Investitionsprogramms für den Planungszeitraum bis zum Jahr 2019
Überwiegend die Vertreter der sogenannten „Volksparteien“ der SPD und CDU glänzten durch ihre Abwesenheit. Man nannte sie auch die „Nein-Sager-Fraktion“, weil sie mehrheitlich entgegen des offensichtlichen Bürgerwillens verbissen an der Ablehnung des Baus von Supermarkt mit Discounter im zentralen Ortsteil Beilstein festhielten. Selbst dann noch, als knapp 1.500 unterschriebene Anträge zum Bürgerbegehren vorlagen. Erst ein Bürgerentscheid musste Klärung herbeiführen und nahm den Kommunal-Politikern das Heft aus der Hand.
Beobachter sprechen schon davon, dass bestimmte Vertreter nur erscheinen würden, wenn es auf der Tagesordnung um ihre persönlichen Interessen ginge. Es sei weiterhin auch festzustellen, dass manche unvermittelt Sitzungen verließen, sei es in den Ausschüssen oder in den Vertretersitzungen, wenn der sie betreffende Tagesordnungspunkt abgehandelt sei. „Dem Gemeinwohl verpflichtet“ sieht sich offensichtlich nicht jeder, und was die Gewissens-Entscheidungen anbelangt, die die Abgeordneten treffen, so scheinen sich diese oftmals an den eigenen Vorteilen zu orientieren.
Diese an den Tag gelegten Verhaltensweisen sind beschämend zu nennen und eine ganz schwache Nummer der (Nicht-)Beteiligten. Das grenzt schon fast an Arbeitsverweigerung.
Doch weder Schiedsamtsbezirke noch Ortsgericht noch der Entwurf des Haushaltsplanes nebst Investitionsprogramm konnten die „Verweigerungs-Fraktion“ zur Mitwirkung motivieren.
Sehr geehrte Damen und Herren,
und hier richte ich mich ganz besonders an jene von der SPD und CDU, die fehlten: Dieses Verhalten zeigt Ihre Grundhaltung, die Sie nicht nur gegenüber anderen Fraktionen im Gemeinderat haben, sondern es zeigt auch Ihre Ignoranz und Arroganz gegenüber den Wählerinnen und Wählern.
Das einzig Gute, das Sie in den letzten Jahren durch dieses Verhalten erreicht haben, ist, dass die Bürger aller Ortsteile sich nun nicht mehr alles gefallen lassen, sich interessieren und sich wieder mehr politisch engagieren.
Es gab lange genug Klientelpolitik und es ist überfällig, die Zeichen der Zeit zu erkennen und endlich eine bürgernahe und zukunftsweisende Politik zu gestalten, solange die Bürgerinnen und Bürger Ihnen diese Funktionen anvertrauen. Diese sind nämlich Ihre Auftraggeber. Sie sind auf Zeit gewählt und in erster Linie dem Gemeinwohl verpflichtet.
Es ist leider nötig, daran zu erinnern.
Ein Zwischenruf von Hans-Jürgen Philipps
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