Innerhalb von 13 Tagen haben engagierte und motivierte Menschen sich trotz zahlreicher Verpflichtungen wie Beruf, Familie und ehrenamtlicher Tätigkeit viel Zeit genommen, um auf ihre Freunde und Nachbarn, ja sogar auf ihnen bis dato völlig fremde Leute zuzugehen und Überzeugungsarbeit zu leisten. Zu diskutieren und zu werben. Für mehr Warenangebot und bessere Versorgung in unserer Gemeinde. Für die Ansiedlung eines starken „Kundenmagneten“, wie man Aldi Süd wohl zu Recht bezeichnen kann.
Nachdem wir die in nur 13 Tagen gesammelten 1.492 Unterschriften für das Bürgerbegehren am Morgen des 20. November bei Bürgermeister Kröckel abgegeben und damit ein sehr deutliches Zeichen dafür gesetzt haben, was der tatsächliche Wille sehr vieler Menschen in der Gemeinde Greifenstein ist, lag noch eine schwache Hoffnung in der Luft, die Gemeindevertreter könnten ihre Ablehnungshaltung überdenken.
Eine Hoffnung, dass unsere Gemeindevertreter dieses Zeichen wahrnehmen und es der Bürgerschaft ersparen würden, auch noch im Rahmen eines Bürgerentscheids zum wiederholten Male kund zu tun, was wir wollen: einen gekoppelten Standort in unserer Gemeinde für Vollsortimenter und Discounter, so wie es inzwischen schon vielerorts üblich und rentabel ist.
Letzte Chance: Bürgerentscheid
Aber es kam am Donnerstagabend dann doch leider so wie befürchtet. Mit 14 zu 10 Stimmen wies die Gemeindevertretung den Widerspruch des Bürgermeisters gegen die Ablehnung des Kombi-Modells vom 10.10.2014 zurück. 12 Vertreterinnen und Vertreter der SPD zusammen mit 2 Vertretern der CDU halten es nach wie vor nicht für nötig, die einmalige Chance zu nutzen, ein ganz konkretes und äußerst attraktives Angebot zur Bekämpfung der gravierenden Unterversorgung mit Lebensmittelgeschäften in unserer Gemeinde anzunehmen.
Und so machte sich trotz der zuvor nur niedrigen Erwartungshaltung dennoch große Enttäuschung breit in der gut besuchten Ulmtalhalle. Weil es einfach nicht zu begreifen ist. Weil der Großteil der Gemeindevertretung Greifensteins nicht seinen Auftrag erfüllt. Weil wiederholt (!) nicht im Sinne des Allgemeinwohls entschieden wurde.
Bei so viel Unverständnis und Fassungslosigkeit muss es einen Weg geben, sich „Luft zu machen“. Klar zu sagen, dass man nicht mehr widerspruchslos akzeptieren kann, was auf unserer Entscheidungsebene geschieht.
Wir haben deshalb Meinungen und Stimmen des Abends eingefangen.
Nach wie vor fehlt das Verständnis für die Haltung der Mehrheit des Gemeindeparlaments völlig. Keiner der „Neinsager“ konnte dem anwesenden Publikum plausibel darlegen, wieso es für die Gemeinde besser sein soll, wenn Aldi nicht zusammen mit REWE kommt.
„Mir fehlt die Begründung der Ablehnung. Das Risiko liegt doch beim Marktbetreiber, die Gemeinde muss lediglich dafür Sorge tragen, dass ein Markt entstehen kann.“ (Doris Frech)
„Kann mir eigentlich jemand die Risiken des Vorhabens erklären? Und wie kann man als Vertreter der Gemeinde 1.492 Menschen ignorieren?“ (Joel Becker)
„Keiner hat die Frage an die Ablehner gestellt, aus welchem Grund der für den Koppelstandort ursprüngliche positive Beschluss aus Februar 2013 auf einen für die interessierten Einkaufsketten nicht mehr interessanten Einzelstandort geändert wurde.“ (Thomas Klein)
„Trotz intensiver Diskussionen haben einige Parlamentarier immer noch nicht verstanden, was die Mehrheit der Bürger in der Gemeinde Greifenstein wirklich will.“ (Thorsten Müller)
„Ein klassisches Beispiel für ‚mit offenen Augen und Ohren am Bürger vorbei regiert!‘. Es wird, wie heute Abend zu sehen war, weit ab des belegbaren und offensichtlichen Bürgerwillens regiert und entschieden.“ (Peter Müller)
„Ich bin total enttäuscht! Was soll das alles? Andere Gemeinden wären froh, wenn sie ein solches Angebot erhalten würden. Warum nimmt die Gemeinde Greifenstein bzw. ihre gewählten Vertreter diese Chance nicht wahr?“ (Benjamin Hartmann)
Viele Bürgerinnen und Bürger sind inzwischen einfach nur noch sauer auf ihre „Vertreter“:
„Ich bin enttäuscht – fassungslos – eine ganze Gemeinde hat das Nachsehen, wo sind wir denn? Ist das Sturheit? – Dummheit? -Verantwortungslos?“ (Silvia Neeb)
„In mir kommt das Gefühl hoch, dass es hier gar nicht unbedingt um die Märkte geht, sondern um unseren Bürgermeister, den bloß zu stellen, alles abzulehnen, wofür er steht, förmlich ein Kleinkrieg gegen Herrn Kröckel. Bei den Massen an Unterschriften war eigentlich alles gesagt.“ (Heike Helsper-Wilken)
„Wir müssen diesen Machtverhältnissen und diesen verbohrten Verhinderern in der „Gemeindevertretung“ den politischen Kampf mit demokratischen Waffen ansagen. In der Versammlung haben einige ihr Unvermögen und ihre Unkenntnis öffentlich zur Schau gestellt und dabei offengelegt, wie wenig sie Vertreter aller Ortsteile sind. Das war unserer Gemeinde nicht würdig.“ (Hans-Udo Sattler)
„Ein anwesender Mann sprach offen über die Gefährdung seiner Existenz, wenn der Koppelstandort nach Beilstein kommt. So wird er wahrscheinlich auch bei den Gemeindevertretern des Ulmtals vorgesprochen haben. Wenn REWE seinen Vertrag nicht verlängern sollte, muss er sich eben nach einem anderen Lieferanten umsehen. Wenn mir mein Arbeitgeber (aus welchem Grund auch immer) kündigen sollte, ist das für mich ebenfalls existenzbedrohend. Kann ich dann auch zur Gemeindevertretung kommen und die meinen Arbeitgeber hindern lassen, die Kündigung auszusprechen?“ (Thomas Klein)
„Leider entzieht sich das Ergebnis der Abstimmung völlig aller bürgerlichen Vernunft. Wer nach Versicherungen fragt, wird immer unterversichert sein! Was, wenn REWE einfach mal keine Lust mehr hat, den alten Standort Holzhausen weiter zu führen!? Erneute Verhandlungen mit REWE oder irgendeinem anderen Vollsortimenter oder Discounter werden nach einem branchenweiten Bekanntwerden dieser eher persönlich motivierten (so erweckt es noch immer den Eindruck) Querschlägerei in der Gemeindevertretung nie mehr geben!“
(Olaf Früchtemeyer)
„Der Schaden dieser Abstimmung ist für ALLE Bürger der Gemeinde Greifenstein größer als der Nutzen für Holzhausen (oder das Ulmtal). Es ist enttäuschend, wenn für gewählte Volksvertreter bei derartigen Überlegungen hinter der Grenze ihres eigenen Ortes die Welt zu Ende ist. Die Kosten des Bürgerentscheides, dessen Ergebnis sich durch die zahlreichen Unterschriften (welche hier einfach ignoriert wurden) fast schon erahnen lässt, tragen letzten Endes WIR, die Bürger.“
(Andrea Unzeitig)
Es wäre wirklich begrüßenswert, sähe die Hessische Gemeindeordnung in Fällen von Gefährdung des Allgemeinwohls durch (Fehl)Entscheidungen der Gemeindevertretung etwas in der Art vor, wie Benjamin Hartmann vorschlägt: „Ich wünsche mir von den Gemeindevertretern, die gegen den Bau der beiden Märkte sind, eine Unterschriftenliste, die vergleichsweise so viele Stimmen dokumentiert, die gegen die Märkte sind, wie die der Befürworter.“ – und das dann bitte auch innerhalb von nur zwei Wochen, denn wir wollen hier doch fairerweise im Vergleichsmaßstab bleiben.
Die Gemeindevertretung hat gestern Abend in der Mehrheit und wiederholt versagt. Sie hat sich dafür entschieden, ihrem Auftrag, der bestmöglichen Wahrung der Interessen der GESAMTEN Gemeinde, nicht nachzukommen. Das Vertrauen, das die Wählerschaft im März 2011 in eine Partei, in die „Sozialdemokratische Partei Deutschlands“ gesetzt hatte, wurde bitter und mehrfach enttäuscht.
Den Bürgerinnen und Bürgern wird nun zugemutet, sich extra an die Wahlurnen zu begeben und diese Fehlentscheidung von Personen, die die Allgemeininteressen hier ganz konkret und vorsätzlich NICHT vertreten haben, auf formalem Wege zu korrigieren. Das sorgt für eine massive Unruhe in der Gemeinde und eine zusätzliche, absolut vermeidbare Belastung der Gemeindekasse. Mit mehr als 20.000 Euro Kosten rechnet die Gemeindeverwaltung für die Durchführung.
Wir wünschen uns, dass der Bürgerentscheid sehr bald kommt. Wie am Rande der gestrigen Sitzung zu erfahren war, werden Bürgermeister Kröckel und der Gemeindevorstand ihr Möglichstes tun, hier keine weitere Zeit verstreichen zu lassen, und die Entscheidung alsbald herbeizuführen.
Und wir hoffen schon jetzt, dass das Ergebnis der direkten Volksbefragung ein Denkzettel sein wird für die Gegner von mehr Versorgung vor Ort, von wirtschaftlichem Wachstum, von Angebotsvielfalt und antreibendem Wettbewerb.
Durch ihr Abstimmungsverhalten in der Ulmtalhalle am 20.11.2014 dürften sich wohl einige politische Vertreter „ihr eigenes Grab geschaufelt“ haben, wie Sven Beyer kommentierte. „Mit der gestrigen Entscheidung haben die Verantwortlichen gezeigt, dass sie nicht im Sinne der Bürger entscheiden. Sie stellen einfach ihre Interessen vor die Interessen der Bürger.“
Und so laufen nun nicht nur bereits die Vorbereitungen im Hinblick auf die Mobilisierung der Bürgerinnen und Bürger für die Teilnahme am bald stattfindenden Bürgerentscheid.
Nein, zusätzlich ist auch dringend notwendig, dass sich unsere „Unabhängige Liste für Greifenstein“ den rechtlichen Vorgaben entsprechend konstituiert und sich schon jetzt nach Möglichkeit in den politischen Angelegenheiten vor Ort etabliert.
Es ist an der Zeit, dass anderen Personen als den bisherigen der Auftrag erteilt wird, die Geschicke unserer Gemeinde zu lenken. Männern und Frauen, die sich als Teil unserer Gemeinde Greifenstein verstehen und das Wort „Allgemeinwohl“ im demokratischen Sinne vorrangig und selbstverständlich auf die Mehrheit der Einwohnerinnen und Einwohner beziehen.
Ein Kommentar von Verena Haas
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Bürgerbegehren – 1.492 Unterschriften für Bürgerentscheid
Foto1: Hans-Udo Sattler, Mitinitiator des Bürgerbegehrens
Foto2: Großer Besucher – Andrang in der Ulmtalhalle – Foto: © Joel Becker
Hallo bei der ULfG,
möchte auch mein Feedback zur Lage unserer Gemeinde abgeben. Vorausschicken möcht ich, mit Politik habe ich mich bisher noch nie auseinander gesetzt. Musste gestern zur Schande unserer Gemeinde als Zuschauer das Laien- bzw. Puppenspiel mit ansehen.
Es fiel mir auf, dass die Gemeindevertreter, auf so einem kleinen geistigen Niveau agierten. Korrekte, nachvollziehbare Aussagen wurden nicht angeführt und sachliche Argumente haben vollends gefehlt. Auch Begründungen für das Abstimmungsverhalten der Neinsager für einen Markt waren nicht vorhanden.
Als selbstherrlich muss ich den Vorsitzenden Werner Spies hervorheben.
– Ein Antrag von Johannes Arns ist durch Herrn Spies in Leere gelaufen. Da hätten schon einige des Parlamentes wach werden müssen.
– Auch bei dem Bürgermeister, der wohl zu leise argumentierte war unter anderem herauszuhören, das ein 10%iger Bevölkerungsrückgang samt dadurch fehlender 420.000 Euro weniger Landesgelder in der Kasse zu denken geben müsste. Aber das haben die ja nicht verstanden, wieso, weshalb und warum! Na unter anderem, weil die Gemeinde unattraktiv geworden ist!
Auch das unser Bürgerbegehren mit den vorhandenen Stimmen ca. 1500 hat ja schon eine große
Aussage. Und der Bürgermeister, wies daraufhin das der Bürgerentscheid nur positiv ausgehen könne.
Und um weitere Kosten zu sparen (ca. 20.000.-€) wäre nochmals das Abstimmungsverhalten
zu überdenken. Aber nein.
Jim Knopf und seine Pickelhaubenbande haben wohl planlos Umher geschossen. Dadurch haben die wohl sich selbst Abgeschossen. Das war zu unserer aller Schande ganz ganz kleines Kino.
Weidmanns Dank.
Heinz Lehwalder
PS. Wer kann Mir die fehlenden Personen bei der Abstimmung benennen, die nicht anwesend waren?