Alt werden in einem Land, in dem wir „gut und gerne leben“? – Desaster Altersarmut

Vermögen und Rentenhöhe

Nach der jüngsten Statistik der Europäischen Zentralbank liegt das durchschnittliche Vermögen der deutschen Haushalte auf einem der hinteren Plätze in Europa.

Auch erzielen die Bürger anderer Länder oft bessere Renten als die Deutschen; das belegt der Untersuchungsbericht „Pensions at a Glance“ der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung).

Gesetzliche Rentenversicherung – Foto: © Fotolia

Demnach liegt der Wert der Rentenansprüche in Deutschland unter dem Durchschnitt aller OECD-Länder, was Renteneintrittsalter, Bezugsdauer und Höhe angeht.

Ein Kriterium für die Bemessung des Werts von Rentenansprüchen ist die sogenannte Ersatzquote: Sie sagt aus, wie viel Prozent vom letzten Erwerbs-Einkommen die Altersrente beträgt. Auch hier kann Deutschland nicht punkten: Ein deutscher Arbeitnehmer arbeitet durchschnittlich länger als andere Europäer, bevor er in den Ruhestand geht.

Im Ländervergleich ergeben sich deutliche Unterschiede. Ein Arbeitnehmer in Griechenland bezieht oft mehr Rente, als er durchschnittlich an Einkommen erwirtschaftet hat. Grund ist die unterschiedliche Art der Rentenberechnung in den verschiedenen Ländern.
Während nach der deutschen Rentenformel das ganze Arbeitsleben die Rentenhöhe beeinflusst, werden in Griechenland nur die Verdienste der letzten fünf Jahre, in Spanien die der letzten 15 Jahre, vor dem Ruhestand zugrunde gelegt. Diese Erwerbseinkommen liegen logischerweise fast bei allen Menschen höher als die aus den frühen Berufsjahren.

Deutsche arbeiten länger

Um eine Rente ohne Abschläge zu beziehen, müssen europäische Arbeitnehmer unterschiedlich lange arbeiten. In Frankreich beträgt die durchschnittliche Lebensarbeitszeit 41 Jahre, in Griechenland und Spanien bisher 35 Jahre, in Italien 40 Jahre. In Deutschland indessen muss man 45 Jahre Beiträge zahlen, um den vollen Rentenanspruch zu erwerben.

Während in Deutschland derzeit durchschnittlich noch 59,9 Prozent der Menschen zwischen 55 und 64 Jahren arbeiten, sind es in Frankreich nur 41,5 Prozent. In Griechenland und Italien liegt der Anteil der Älteren auf dem Arbeitsmarkt unter 40 Prozent.

Da andere Europäer früher in Rente gehen als Deutsche, haben sie meistens auch länger etwas von ihren Altersbezügen. Die OECD vermerkt in ihrer Untersuchung signifikant höhere Rentenbezugszeiten unter anderem in Frankreich, Italien und Griechenland.

Männliche Franzosen beziehen im Schnitt 21,7 Jahre Rente, Italiener 22,8 Jahre, Griechen sogar 24 Jahre, Deutsche dagegen nur 17 Jahre. Zu beobachten ist, dass die Lebenserwartung maßgeblich mit der Lebensarbeitszeit im Zusammenhang steht. Wer länger arbeitet, hat eindeutig eine kürzere Rentenerwartung.

Verordnete Altersarmut

Viele Probleme bei der Rentenhöhe kommen daher, dass immer mehr Beschäftigte seit der unter Gerhard Schröder (SPD) eingeführten Agenda 2010 im Niedriglohnsektor oder gar in prekären Beschäftigungsverhältnissen arbeiten.

Mit den niedrigen Löhnen, die sie dort erhalten, erzielen sie nur unzureichende Renten-Anwartschaften und erreichen so teilweise nicht einmal das Niveau der Grundsicherung. So kann man für diesen Personenkreis mit Fug und Recht von „staatlich verordneter Altersarmut“ sprechen.

Im Gegensatz zu Deutschland wurde in anderen Ländern darauf geachtet, dass diese Geringverdiener nicht zu stark leiden. Denn dieser Personenkreis rutscht am schnellsten in die Armut.

Akuter Handlungsbedarf

Dies zeigt deutlich: Gerade in Bezug auf die Geringverdiener besteht in Deutschland akuter Handlungsbedarf.

Das hat inzwischen auch die Politik zumindest anerkannt. Bis zu einer befriedigenden Lösung dürften jedoch noch Jahre, wenn nicht Jahrzehnte ins Land gehen.

Armuts-Schere – Foto: © Fotolia

Zu spät für viele Menschen, die ihren Lebensabend unter den jetzigen Bedingungen fristen müssen. Und das in einem der reichsten Länder Europas!

Für diese Situation tragen ohne Wenn und Aber die Regierungsparteien CDU und SPD die Verantwortung.

So viel zum Thema: „Deutschland, ein Land, in dem wir gut und gerne leben“.

Wehe man ist nicht mobil

In Flächengemeinden am Rand der Kreisgrenze, so wie auch in Greifenstein, verschärft sich die Lage der Betroffenen noch wegen der unzureichenden Infrastuktur. Wer da nicht mobil sein kann, ist abgehängt und auf die Hilfe anderer angewiesen.

Pulverfass Altersarmut

Die Erwartungen an die neue Bundesregierung den Menschen, die unterhalb der Armutsgrenze leben müssen, schnell und wirksam zu helfen, sind sehr groß.

Bleibt zu hoffen, dass die dann Regierenden erkennen, auf welchem „Pulverfass“ wir im vermeintlich reichen Deutschland sitzen.


OECD – „Renten auf einen Blick“ / PDF

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.