Für mehr Infrastruktur in Greifenstein – Gegen Protektionismus

Die Marktfrage in Greifenstein: Bürgerentscheid zur Klärung nötig

An der Marktfrage und ob ein Discounter gemeinsam mit einem Vollsortimenter im Verwaltungs-Ortsteil Beilstein gebaut werden soll, da scheiden sich die Geister. Die Gemeindevertretung entschied sich zunächst 2013 einstimmig für eine Doppellösung, bestehend aus Vollsortimenter samt Discounter am alten Bahnhof in Beilstein, ruderte jedoch ab Ende 2013 zurück. Eine Mehrheit der Vertreter kämpft seitdem vehement dagegen. Nur ein Vollsortimenter solle nach Beilstein, beschlossen sie, und erklärten das Aus für den Discounter.

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Wo werden die Bürger Greifensteins künftig einkaufen und ihr Geld lassen? Im Discounter vor Ort oder außerhalb? – Foto: © Jörg Brinckheger / pixelio.de

Nach ihrem Willen soll jetzt neben dem seit den 90er Jahren bestehenden Markt in Holzhausen lediglich ein weiterer Vollsortimenter im Nachbarort Beilstein gebaut werden. Damit würde der Erhalt des Marktes in Holzhausen gesichert, so argumentieren sie. Doch bringt diese Entscheidung einen entscheidenden Nutzen für die Gesamtgemeinde und all jene 8 von 10 Ortsteilen ohne jegliches Lebensmittelgeschäft? Ist diese Lösung zukunftsfähig? Wir meinen: Nein.

Ein JA für einen Koppelstandort (bestehend aus Vollsortimenter plus Discounter) ist sowohl für die Versorgung wichtig, als auch ein Signal des Willens zur Weiterentwicklung der Gesamt-Gemeinde. Der Discounter ist ein Magnet, eine Ergänzung des Angebotes für alle Ortsteile, und würde sich positiv auf die Infrastruktur insgesamt auswirken. Der Standort Greifenstein wäre für Firmen und Familien attraktiver – für Jung und Alt. Es wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Deshalb habe ich mich entschlossen, gemeinsam mit Gleichgesinnten ein Bürgerbegehren zu starten, welches wir in einer großartigen Teamleistung innerhalb von kurzer Zeit zum Erfolg führten. 1.480 gültige Stimmen wurden gesammelt, was bereits einem Wähleranteil von 27 % entspricht. Darüber hinaus gründeten wir eine Wählergruppe, die ULfG (Unabhängige Liste für Greifenstein), die bei den nächsten Kommunalwahlen 2016 antreten wird.

Der Bürgerentscheid zur Marktfrage wird am 22. März 2015 stattfinden. Und um es noch einmal klar zu sagen: Der Bürgerentscheid ist bindend! Es handelt sich nicht etwa um eine Petition oder um eine Bitte an die politischen Entscheidungsträger, sondern die Bürgerinnen und Bürger entscheiden anstelle der Gemeindevertreter selbst und direkt.

Bitte gehen Sie am 22. März zur Wahl und stimmen Sie mit JA!

Außenwirkung: Man lacht über Greifenstein

Es steht außer Zweifel, dass eine bessere Lebensmittel-Versorgung in der Gemeinde nötig ist. Das bestreitet wirklich niemand. Deshalb ist es in den Ortschaften um Greifenstein herum kaum nachvollziehbar, was hier abläuft und warum so vehement gegen die Ansiedlung eines Discounters gekämpft wird, während in allen Gemeinden ringsherum mindestens ein Discounter zur selbstverständlichen Infrastruktur-Grundausstattung gehört. Selbst im viel kleineren Löhnberg, das vor den Toren der Stadt Weilburg liegt und wo es in unmittelbarer Nähe weitere größere Rewe-Märkte samt Aldi und Herkules-Markt gibt, gehören neben Edeka die Discounter Penny und Norma zum Angebot; in Mengerskirchen und Driedorf – beides kleinere Gemeinden – gibt es wie allenthalben üblich jeweils im zentralen Verwaltungsort Lebensmittelmarkt und Discounter. (1)  Nur im flächenmäßig und von den Einwohnerzahlen her viel größeren Greifenstein gibt es im größten Ortsteil Beilstein und im zweitgrößten Ortsteil Allendorf sowie in sechs Westerwälder Ortsteilen überhaupt kein Geschäft zur Abdeckung des täglichen Bedarfs.


Stellungnahme von Vereinen – Bestandsschutz und Nahversorgung

Nun gab es eine Stellungnahme von Vereinen und Clubs (2) aus Ulm, die  ihre Sichtweise darlegten und öffentlich für ein Nein plädierten. Die Angst geht um, der Markt in Holzhausen würde geschlossen. Man wolle den Markt in Holzhausen und eine orstnahe Versorgung behalten und den Markt nicht verlieren, hieß es. Ich halte diese Vereins-Stellungnahme für menschlich verständlich, aber in der Sache und argumentativ schwach. Sie blendet die Bedürfnisse vieler Menschen in der Gesamt-Gemeinde vollends aus. Darüber hinaus maßen sich die Vereine an, im Namen ihrer Mitglieder zu sprechen, und das ist sowohl unstatthaft als auch verfälschend. Andersdenkende oder Neutrale in den Ortsteilen wurden so übergangen und vor vollendete Tatsachen gestellt, sie wurden ungefragt in eine Kontra-Märkte-Positionierung eingeschlossen inklusive einer Abstimmungs-Empfehlung.
Diese öffentliche Positionierung sehe ich für unsere Gesamtgemeinde als weitere Peinlichkeit an, denn außerhalb in den anderen Ortschaften amüsiert man sich allgemein darüber, dass hier überhaupt und grundsätzlich gegen die Errichtung eines Discounters/Supermarktes gekämpft wird, und dass es dann auch noch zu einem Bürgerentscheid kommen musste. Mit Kusshand hätte man woanders den in der Diskussion stehenden Anbieter Aldi-Süd oder auch einen anderen Discounter aufgenommen, wäre es denn dort möglich. Ein weiterer Fakt, der allgemein ausgeblendet wird, ist, dass der Markt in Holzhausen „Bestandsschutz“ besitzt. D. h. unabhängig vom Anbieter (derzeit Rewe) kann ein Markt gleicher Größe dort weiterbetrieben werden. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, könnte durch einen geeigneten und notwendigen Beschluss zur Änderung des Bebauungsplans später auch ein Markt in kleinerer Größe betrieben werden, um die ortsnahe Versorgung zu gewährleisten.


Zwei Lebensmittelmärkte ohne Discounter – Macht das Sinn?

Die von den oben genannten Vereinen und der SPD propagierte Ablehnung des Discounters in Beilstein ändert an der gesamten Situation für Holzhausen sowieso gar nichts, denn ein neuer, großflächiger Markt wird in Beilstein nach bestehender Entscheidungslage ohnehin gebaut. Nur stellt sich die Frage, ob zwei Lebensmittel-Märkte, einer in Holzhausen, einer in Beilstein, von denen keiner einen Discounter als Magnet und Sortimentserweiterung im Huckepack hat, für die Kunden einen Sinn machen. Es ist nicht davon auszugehen. Denn es wird voraussichtlich eher so sein, dass alle, die sich beim Discounter außerhalb eindecken, dort auch ihren sonstigen Einkauf tätigen. Eine solche Planung, wie sie bis jetzt Gültigkeit hat und bei einem Nein beim Bürgerentscheid zur Realität würde, wäre für beide Märkte in Greifenstein fatal. Nur ein Koppelstandort hat im ländlichen Raum Chancen, erfolgreich zu sein. Das ergeben Untersuchungen der GfK (Gesellschaft für Konsumforschung) eindeutig. (3) Auch für die Gemeindekasse wäre es besser, wenn das Geld ihrer Bürgerinnen und Bürger im eigenen Ort ausgegeben würde.


Plötzliche „gesetzliche Hürden“

Ebenfalls in der Diskussion und plötzlich aufgetaucht sind Hürden wie „Denkmalschutz“ und „Umweltschutz“, die der Biologe Dr. Schmidt (SPD) anführt. Auf dem Gelände des alten Bahnhofs in Greifenstein-Beilstein, auf dem die Märkte gebaut werden sollen, bestünden Denkmal- und Umweltschutz-Belange, die unbedingt beachtet werden müssten, so seine Argumentation und Leserbriefe dazu in den heimischen Zeitungen. Das plötzliche Einbringen wirkt nach meiner Einschätzung ziemlich konstruiert, und das aus mehreren Gesichtspunkten heraus: Die gleichen Belange würden ja auch bei dem Bau der „kleinen“ Ein-Markt-Lösung, die von seiner SPD beschlossen wurde, zum Tragen kommen. Und nachdem auf der gleichen Fläche nebenan vor Kurzem bereits großzügig Feuerwehr und Bauhof errichtet wurden und der jetzt für die Märkte vorgesehene Platz bereits einmal als Standort für eine neue Gemeindeverwaltung vorgesehen war, ist dies möglicherweise bloße Taktik. Nur welches Ziel soll diese Taktik haben? Herr Dr. Schmidt (SPD) tat sich in letzter Zeit mit reichlich unverständlichen Reden und gar widersprüchlichem Verhalten hervor. Er stimmte zunächst auf den Sitzungen der Gemeindevertretung als einziger aus der SPD für die zwei Märkte, führte in seinen Reden vor erstauntem Parlament und Zuhörern jedoch Argumente dagegen an. Sein Abstimmungsverhalten ist für mich ebenfalls nicht nachvollziehbar. Zunächst befürwortete er die zwei Märkte und stellte sich gegen seine Fraktion, dann enthielt er sich. Bei der Zulassung des Bürgerbegehrens zum Bürgerentscheid sprach der Biologe sogar als Einziger gegen die rechtliche Zulässigkeit des Begehrens und argumentierte gleich gegen zwei von den Vertretern selbst eingeholte Rechtsgutachten des Hessischen Städte- und Gemeindebundes. Das letztere sogar auf Drängen seiner eigenen Fraktion. Muss man das, was dieser Mann da tut, überhaupt noch verstehen?

Der Bürgerentscheid ist auch zukünftige Kursbestimmung

Die Entwicklung insgesamt zeigt auf, dass der Bürgerentscheid wichtig ist. Er ist zugleich eine Klärung der Marktfrage und Abstimmung über den künftigen Kurs in Greifenstein. Investitionen in unserer infrastrukturschwachen Gemeinde sind dringend nötig, wenn es um die Attraktivität als Standort geht. Es gibt viel Nachholbedarf in Greifenstein, und wenn man wegen Protektionismus und Rückgriff auf alte Ressentiments der Ortsteile untereinander potenzielle Investoren kein Kapital bei uns anlegen lässt, kann sich nichts zum Positiven verändern.

Nutzen Sie die Chance des Bürgerentscheids, stimmen Sie am 22. März mit JA, damit es bei uns in Greifenstein endlich nach vorne geht.

von Hans-Udo Sattler

 


Weitere Quellen und Artikel:
Foto: © Jörg Brinckheger / pixelio.de

(1) Unterversorgung oder “Kaufkraftüberbuchung”?
(2) Mittelhessen.de: Vereinsring für Markt in Holzhausen
(3) Koppelstandorte – Entwicklung und Faktoren

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